Ätschi! Meiner ist länger als deiner!

Ich kämpfe mich ja in den diversen Foren immer tapfer durch alle D&D 4E-Threads in der Hoffnung meine Gedankenströme irgendwie auf dieses Spiel abzustimmen.

Mal ganz davon abgesehen, dass schon alleine das Wort: „Charaktermaximierung“ mir einen mittelschweren Nervenzusammenbruch beschert und ich durch die World-of-warcraftisierung (Geil! An dem Wort sichere ich mirgleich die Copyrights!) der Sprache immer nur etwa 1/3 eines jeden Postings verstehe, habe ich doch immer wieder AHA-Momente, die mir zeigen, dass ich eigentlich gar keine Chance habe, das Spiel zu verstehen, da mein Gehirn grundsätzlich anders funktioniert. Damit einhergehend verstehe ich wahrscheinlich auch die Spieler der „aktuellen“ Generation nicht.

Heute habe ich den AHA-Moment beim Lesen eines Threads gehabt, bei dem es um die neuen Klassen im PHB 2 und ihre vermeintliche Balance oder Nichtbalance geht: „Unschlagbar in dem Sinne natürlich, dass ich den effektivsten Charakter am Spieltisch hab. Das reicht mir.“

Hammer! Diesen Gedanken hatte ich in 26 Jahren als Rollenspieler kein einziges Mal. Noch nie ging es mir oder irgendeinem Menschen, mit dem ich gespielt habe darum, den „besten Charakter am Tisch“ zu haben. Das ist uns so was von Latte welcher Charakter wie gut ist, hauptsache das Team arbeitet gut zusammen.
Ich persönlich spiele sogar gerne einen Charakter mit Defiziten, DAS macht ihn doch erst spannend. Mein Kämpfer hat eine Stärke von 7? Völlig egal, dann muss er sich halt auf den Fernkampf verlegen. Mein Halbling ist schwach und ungeschickt? Pech gehabt, mal sehen wie lange er nur mit List und Tücke überlebt.

Das ganze hängt wahrscheinlich wieder mit dem Paradigmen-Wechsel von „der Spieler ist wichtig“ hin zu „der Charakter ist wichtig“ zusammen.

Das Unheil nahm hier mit dem noch sehr grobschlächtigen Fertigkeitensystem in der 2. Edition von AD&D seinen Anfang, hangelte sich über diese ganzen Feats und Co bei D&D 3E und findet seinen vorläufigen Höhepunkt in den computerspielartigen Bastel- und Taktierorgien, die in der 4E schon bei der Charaktererschaffung ihren Anfang nehmen.

14 Gedanken zu „Ätschi! Meiner ist länger als deiner!“

  1. Wir hatten da schon mal ein oder zwei Spezialisten die den haertesten, besten, staerksten und sowieso den uebercoolen Charakter haben mussten. Das Problem war nur das diese Knalltueten das was sie hatten nie ausspielen konnten und somit ist auch der beste Charakter nur Muell.

    Mir ist es auch nicht wichtig wie gut mein Charakter ist. Ich mag defizite, genau die machen den Charakter doch erst interessant. Charaktermaximierung… sollen sie doch. Mal sehen wie weit sie damit in diversen Gruppen kommen.

  2. Mal davon abgesehen, daß ich an Charakteroptimierung nicht Anrüchiges finden kann, ist das ganze Konzept von 4E doch aber darauf geeicht, daß man recht optimale Charaktere bastelt. Damit der ganze "Encounter auf den Level der Gruppe abstimm"-Mumpitz überhaupt einigermaßen hinhaut. Wer durch dämliche, aber ach so stimmungsvolle Wahl der Fertigkeiten, quasi zwei Level verschenkt hat, der macht es auch dem DM schwerer, weil der jetzt in Level und "meine Blümchen-Spieler"-Level rechnen muß.
    Seien wir doch ehrlich, bei D&D geht es um Plätten und Plündern. Wer das nicht will, der sollte besser was anderes spielen. Ich zumindest habe nicht von dramaschwangeren Situationen in den Büchern gesehen, vor allem nicht in der 4E. Es gibt da keinerlei Unterstützung für. Wenn das aber mein Ding ist, dann muß ich mich nicht mit all dem Encounterization-Dreck abgeben und nehme was, was mich in meinem Stil unterstützt.

    Ciao,

    Martin

  3. Charaktermaximierung gehört dazu und macht Spaß.

    Es gibt nichts schlimmeres, als wenn ich das Konzept habe einen guten Kämpfer zu spielen, aber die Regeln mir nicht erlauben einen guten Kämpfer zu bauen.

    Das ich dabei in Kauf nehme, das er bei Sozialen und Naturfähigkeiten versagt nehme ich in kauf [Defizit]

    Will ich ein Face habe, maximiere ich die Sozialenskills und vernachlässige Kampf und Natur usw.

    Oder ich Kombiniere Naturskills mit Kampskills, versuche da das beste rauszuholen, wäre ab, was mir gefällt. wo ich schwäche einbaue und wo stärken um einen Waldläufer zu erhalten.

    Am Ende kommen SC raus, die das was sie können sollen auch können. Dann macht es auch Spaß die zu spielen, weil man glänzen kann.

    Maximierung macht Spaß, Schwächliche kämpfer nicht, wenn man einen Starken spielen will!

  4. Seltsam.

    Mir sagt 4E vor allem deshalb zu, weil ich bequem auf Charaktermaximierung verzichten kann und trotzdem ohne größere Probleme spielen und spielleiten kann. Sogar – und vor allem – regelnah und regelkonform.

    Dieser Optimierungswahn hat mir damals 3.x vermiest.

  5. Ich komme aus dem HERO-Lager (Champions-Superhelden, dazu viel Generisches) und da baut man, was man haben will – und optimiert! Allerdings ging es vor allem darum, mit möglichst wenig Punkten möglichst viel an Powers zu haben. Einschränkungen wurdne so gewählt, dass sie den Charakter definierten (wenn mein Feuerstrahl nicht unter Wasser funktioniert, dann spart das Punkte). ABer auch hier ging es mehr um das „kluge Bauen“ des Charakters, nicht um den Schwanzvergleich mit dem Nachbarn. Gute, vielleicht auch optimale Charaktere haben auch immer Flair zu haben und sind nicht an sich Selbstzweck.
    Zum Thema: 3.5/ D20 Modern gehören (und ihr Klon Conan D20) zu meinen Lieblingssystemen. Das 3.5-Regelwerk ist DAS BESTE, was ich bisher gelesen habe, was die Stimmigkeit der Regeln angeht (HERO war es lange, ist aber mehr Toolkit). 4E dagegen kann ich nicht einmal durchlesen – nach mehreren Anläufen habe ich aufgegeben. Liest sich wie eine Computerspielanleitung und hat ungefähr soviel Stimmung – nur Mechanik und Charakteraufbau, kein Flair, keine Haken, null Ösen. Rassen, die alle wohl „cool“ sein sollen und Klassen, die irgendwie alle Fähigkeiten haben, weil die anderen eben auch was „Cooles“ können. Doch vorstellen – in Bild, Ton oder Beschreibung – kann man sich das wenigste (z.B. Shiften des Gegners bei Rogue, Immer-Schaden-Machen (1HP) beim Kämpfer usw.).
    Nix für den Ich.

  6. Also wenn das, was neues ist, dann muss ich fragen, wurdest du evtl. irgendwann vor 1985 eingefroren und erst neulich wieder aufgetaut? 😉

  7. Für mich fällt das Ganze unter „Theme verfehlt, 6 setzen“.
    Charaktermaximierung hat NICHTS mit Rollenspiel zu tun. Hier muss ich James Raggi recht geben, das ist ein komplett anderes Hobby.
    Es hat nichts mit Rollenspiel zu tun, weil das interessante (oder der eigentliche Unterschied zu Brettspielen) bei einem RPG doch die Ineraktion, das In-Game Geschehen, welche im Kopf ablaufen, ist. Charakteroptimierung zum Rollenspiel zu zählen ist ungefähr so, als ob man sich ein tolles MTG Deck baut und dann verkündet, man habe ein RPG gespielt. Denn nichts anders ist es, was man da macht. Das Ganze dann noch gepaart mit „offizielen“ Regeln und Boostern (z.B. PHB 2).
    Ich wage jetzt einfach mal die These, dass solche Systeme (zumindest im Fantasy-Bereich) geschaffen wurden, damit auch die untalentierten und fantasielosen Spieler und DMs etwas zu tun haben (siehe Fertigkeiten, Maximierung usw.). Früher saßen solche Spieler rum und waren unkreativ, jetzt tun sie es zwar auch, können aber nun ab und zu auf ihren Charakterzettel schauen und sagen „Ich kann Fähigkeit x/y anwenden“ und sich toll vorkommen.
    Und noch etwas: Dinge zu sagen wie: „Mein Charakter hat ein großes Schwert/Axt/… und ist voll der Nahkämpfer“ ist KEIN Charakterkonzept.

  8. „Also wenn das, was neues ist, dann muss ich fragen, wurdest du evtl. irgendwann vor 1985 eingefroren und erst neulich wieder aufgetaut? ;)“

    Ich fürchte so ähnlich ist es. Ich habe immer nur mit Menschen gespielt, die meiner „Generation“ angehören oder denen ich selber Rollenspielen „beigebracht“ habe…

  9. Aber selbst dann … . Warst Du nie auf Cons? 😉
    Wo der Goth Dir von seinem Super-Tremere oder der Nerd Dir was von seinem Troll-Samurai mit 22 Soak-Würfeln erzählt hat?

    Optimierung hat bei uns spätestens mit Rolemaster angefangen, das muss Mitte der 80er gewesen sein.

  10. Keine Sorge! Ich "kenne" das, bzw. ich habe solche Leute schon "gesehen". Aber ich habe nie längerfristig mit ihnen spielen müssen.

    Etwas Optimierung hat es logischerweise schon immer gegeben. Bei der Erschaffung der D&D 1. Edition Charaktere hat man logischerweise schon versucht, die Attribute so hin- und herzuschieben, dass sie besonders nützlich waren, aber das war es dann auch schon.

  11. Hm – was du da sagst … stimmt schon irgendwie. Wenn es nur noch darum geht den mächtigsten wummi von allen zu haben, dann läuft etwas falsch.

    Aber ein wenig Charakteroptimierung ist schon sinnig. Ich bin zum Beispiel schon frustriert, wenn mein Charakter, der nunmal kämpferisch angelegt ist, deswegen von den Gegnern ignoriert werden kann, weil sein Einfluss vernachlässigbar ist, dann ist das nicht Sinn der Sache. Wenn das Spiel nunmal vor allem die (Kampf-)Encounter mit den Gegnern fokussiert, sollte man etwas reissen können.

    Auch im Sinne der Gruppe ist ein optimierter Charakter sinnvoll. Es kostet unnötig ressourcen und behindert auch die Gruppenmitglieder, wenn sie immer auf den Kämpfer mit dem Glaskinn achtgeben müssen – vor allem wenn er auf der anderen Seite nicht sinnvoll zu ihrem weiterkommen beitragen kann.

    Bei den Optimierungen, die man als Spieler hier unternimmt geht es aber nicht darum, den grössten, längsten, dicksten, was auch immer zu haben, sondern es geht einfach nur darum, dass man sinnvoll zum Geschehen beitragen kann. Als Spielleiter würde ich die Gegner den ineffizienten Charakter irgendwann auch ignorieren lassen – zumindest wenn die Gegner intelligent sind. Warum soll man sich mit etwas beschäftigen, dass ungefährlich ist, wenn da vorne der Feuerballschmeissende Magier steht, der gerade Reihenweise meine Mitbösewichte umbringt?

    Charakteroptimierung in gewissen Grenzen gehört eben zum Spiel dazu und steht in keinerlei Widerspruch zum Erlebnis. Das Rollenspiel ist eben NICHT NUR die Erzählung und das Erlebte. Dafür brauche ich kein Rollenspielsystem, keine Regeln udn Würfel. Das Rollenspiel ist die Gesamtheit, also Regeln und Erzählung. Und Regeln kann eben auch Optimierung bedeuten. Ich sehe nicht, wo das das Spielerlebnis (Interaktion, ACTION und Drama) aushebelt.

  12. Mir fällt diesmal nur was zum Bild ein: In den Kellogs liegen aktuell Laserschwerter bei, die sind wirklich… klein!!!

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