4E – Dungeon Delve

Ich bin hin- und hergerissen und habe immer noch keine Ahnung was ich von diesem Produkt halten soll! Dieses DUNGEON DELVE von Wizards of the Coast ist für mich eine ganz merkwürdige Sache. Ist sie ein Schritt in die richtige Richtung oder ein fürchterlicher Rückschritt, der alles Rollenspielähnliche aus der 4. Edition saugt? Aber von Anfang an:

Anders als auf dem deutschen Markt waren Dungeons nicht jahrzehntelang verpöhnt, so dass man bei diesem Buch nicht von einem Dungeon-Revival oder Ähnlichem reden kann, es trifft lediglich zeitlich auf den deutschen DSA Dungeonband oder etwa das „neue alte“ deutsche Rollenspiel Dungeonslayers.

Was ist also DUNGEON DELVE? Auf 191 Seiten eines schicken Hardcovers (dessen Seiten aber wie bisher alle amerikanischen 4E Produkte merkwürdig gewellt sind) gibt es 30 kurze Dungeon Crawls – einen für jede Stufe. Diese kurzen Szenarios bestehen jeweils aus 3 Begegnungen und sind alle so ausgelegt, dass sie mit offiziellen Dungeon Tiles gespielt werden können.

Ich versuche mal meine Gedanken zu sammeln und meine Verwirrung zu erklären:

Ich finde an diesem Produkt gut:

  • den Gedanken wettbewerbsorientierte kurze Dungeon-Abenteuer zu veröffentlichen
  • Spielern und Spielleitern diese Idee der fairen Wettbewerbsorientierung nahe zu bringen
  • völlig settingfreie kurze Abenteuer zu veröffentlichen, die man mit exakt NULL Minuten Vorbereitungszeit auf die Spieler loslassen kann
  • Spielern (und Spielleitern) die Angst davor zu nehmen, dass man sich nicht ohne große Hintergrundgeschichte und intrinsischer Motivation einfach mal in ein kurzes Abenteuer zu stürzen
  • Zu jedem kleinen Abenteuer gibt es weitere Ideen, wie es fortgeführt werden kann.
  • dass es Herausforderungen für jede Stufe gibt – auch wenn das wohl gerade für die höheren Stufen aufgrund mangelnder Erfahrungen wohl kaum jemand beurteilen kann
  • dass es Anfängergruppen viele Hilfen mit auf den Weg gibt. Von der exakten Platzierung der Monster bis hin zu ihren Strategien ist alles angegeben.

Ich finde an diesem Produkt unerträglich:

  • fürchterlich schematisches Abarbeiten von aneinandergeklebten Begegnungen
  • immer der gleiche Aufbau, der einen in ein enges Korsett presst
  • es wird viel zu viel an Informationen vorgekaut – man kann endlich ohne Kreativität Rollenspiele spielen – TOLL!
  • unerfahrene Spielleiter lernen hier eine ganz füchterliche abgespeckte Fassung von Rollenspiel kennen – werden sie jemals freie, denkende, planende Spielleiter werden können??? (–> Ich belege das später noch mit einem Zitat.)
  • Ganze Regenwälder werden unnötig abgeholzt! Jedes Abenteuer wird auf 6 Seiten präsentiert – immer eine Doppelseite pro Begegnung. Ich könnte mit einem einfacheren System und weniger gängelnden Informationen das ganze Brimborium inklusive einer Karte auf eine Viertelseite bekommen.
ACHTUNG – Ich zitiere:
„In this Delve format, the DM can bypass narration and storytelling to simply concentrate on rules and monsters. It becomes almost a boardgame approach.“

Aua! Sollte das der richtige Weg sein? Wenn ich 30 Abenteuer auf diese Art und Weise gespielt habe, bin ich als Anfänger-Spielleiter so versaut, dass ich mir gar nicht mehr antrainieren kann Wert auf Geschichte oder Freiheit der Spieler zu legen.

2 Gedanken zu „4E – Dungeon Delve“

  1. Ich habe das Buch auch seit gestern vorliegen und bin insgesamt eigentlich ganz angetan. Allerdings habe ich mir auch länger schonmal vorgenommen, D&D4 wirklich mal als Brettspiel zu leiten. Einfach für den im Buch angesprochenen Fall, dass man einfach mal losziehen und Monster hacken möchte, ohne viel Story oder den üblichen Rollenspiel-Kram, vielleicht tatsächlich unter Turnierbedingungen. Ich kann mir das durchaus als nette Abwechslung vorstellen. 🙂
    Ich hatte eh den Eindruck, dass die Wizards genau diesen Aspekt besonders betonen… wie in deiner zitierten Stelle eben: Gehen wir das ganze doch mal an wie ein Brettspiel. Allerdings wird auch häufig hervorgehoben, dass dies nicht die übliche Rollenspiel-Erfahrung ist, sondern ein ungewöhnlicherer Ansatz.

    (S. 7):
    „This format can be used whenever you want to take a break from your usual campaign, or when you want to run something fast and on the fly, or when you want to try something new and different.“

    Und ein paar Zeilen später:
    „Sure, it isn’t as deep and satisfying as the full game experience, but there’s still a lot of fun to be had in a simple dungeon-crawling, kill the monsterfest.“

    Was deinen Punkt bezüglich der Folgen für Anfänger-Spielleiter angeht: Sollten die Spaß an der Sache finden, werden sie doch bestimmt auch einen Blick ins DMG werfen wollen… und da finden sich m.E. wirklich sehr gute Tipps für beginnende Spielleiter 🙂

  2. AAARGH! Was für ein Zitat! Und das schlimme ist: dieses Delve-Format wird auch in den ersten offiziellen Abenteuern konsequent umgesetzt und nur in ganz wenigen Fällen bietet das Setup eines solchen Encounters rollenspielerische Ansatzpunkte außerhalb des Kampfes. Nach der Rezension von „Demon Queen’s Enclave“ hatte ich ja schon gehofft, dass die Autoren langsam auf den richtigen Weg kommen, aber scheint ja nicht so zu sein!

Kommentare sind geschlossen.