[Kurzrezension] Ars Armorum (Midgard)

Schon vor einiger Zeit erschienen, aber erst jetzt unter meine kritischen Augen geraten – ein Waffen- und Rüstungshandbuch für Midgard, Ars Armorum.

Und zack, sehe ich, dass ich mit völlig falschen Erwartungen an den Band herangegangen bin, denn es handelt sich um ein Buch zu Kampfkünsten, nicht zu für den Kampf notwendigen Gegenständen. Da hätte ich mit meinem großen Latinum auch früher drauf kommen können. Aber hey, das passt mir noch besser, habe ich doch lange Judo und Wing Tsun gemacht. Schauen wir mal, ob sich mit diesem Buch hier rasante Handkantenduelle austragen lassen…

Disclaimer: Ich habe ein kostenloses Rezensionsexemplar von F&SF erhalten.

  • Produkt: Ars Armorum
  • Autor: Jürgen E. Franke
  • Illustrationen: Sebastian Watzlaweck (Cover), et. al.
  • Verlag: F&SF
  • Aufmachung: Hardcover, A4, vollfarbig, 153 Seiten
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Preis: 34,95 Euro (plus Gratis-Downloadcode für das PDF)
  • ISBN: 978-3-948019-13-6

Gestaltung

Dieses Buch ist wirklich schön. Punkt.

Das Cover – (Co) F&SF

… und nicht nur das Cover ist schön!

Die Umschlagrückseite – (Co) F&SF

… und nicht nur die Rückseite sieht prima aus!

Wie ihr seht, sind auch die Innenillustrationen – teils ganzseitig – bärenstark. Dazu ist das gesamte Layout glasklar und das Papier schön dick und stabil. Wirklich gelungen und muss sich nicht nur vor den ganz großen Systemen auf dem Markt nicht verstecken, sondern zeigt vielen von ihnen, was eine Harke ist.

Inhalt

Das Buch ist in drei Abschnitte und einen großen Abschnitt mit Anhängen eingeteilt.

Abschnitt 1 heißt Meister des Kampfes. Und ganz ehrlich? Das ist alles wirklich erschlagend. Viele Informationen, sehr komprimiert. Ich glaube ich werde mir besonders spannende Elemente herausgreifen, um euch einfach ein paar Schlaglichter zu zeigen. Stark sind die verschiedenen Kampfspezialisten: Duellant, Fian, Kampfwüter, KiDoka (hey, ich verkneife mir jeden KiBoTu-Witz, mehr könnt ihr von mir nicht verlangen), NinYa (ähm, ja…), Skalde und Waffenmeister. Der Scheinwerfer sei hier geworfen auf den Skalden. Hier wird mit wenigen Worten ein ganz eigener Typus von Barden geschildert – und zwar erst einmal gänzlich ohne Regeln, einfach mit einer kulturellen Verortung und ein paar kleinen Kniffen wie Tipps für die Wortschöpfungen der Skalden. Prima.

Bei allen Typen handelt es sich um irdische Spezialisten, die irgendwie nett midgardisiert wurden. Ich mag sowas ja. Ein großer Abschnitt beschreibt genau das Erstellen dieser Abenteurer – in Kombination mit dem Kodex, S. 20ff. Didaktisch und von der Übersichtlichkeit her sehr gut gemacht.

Abschnitt 2 ist das Manual der Kampfkunst. Jetzt folgen Seite um Seite mit Kampfkunsttechniken. Alleine 44 Angriffstechniken, 13 Verteidigungstechniken, 12 Finten, 15 Geistestechniken, 19 Schusstechniken und 26 Fechttechniken lassen die Gegner der Kampfkünstler*innen erbleichen. Und nicht nur sind diese Techniken alle sauber durchdacht und wirklich abwechslungsreich, sie haben auch noch schicke (teils an der Grenze zur Albernheit kratzende) Namen wie: Hasenlauf, Dreckschleuder, Verprügeln, Rammbock…

Ha! Jetzt kommt mein vorläufiges Highlight: Der Weg der inneren Kraft; KiDo, der Weg des Ki, eine in KanThaiPan entwickelte Kampfkunst. Schöne Lektüre. Geschichte, Stile, Schulen gefolgt von 34 Angriffstechniken, 12 Verteidigungstechniken, 11 Finten und 24 Leibestechniken. Okay. So ein Kampf zweier Spezialist*innen wird keine schnell abgewickelte Angelegenheit sein, sondern eher ein präziser, genau berechneter Abtausch von Kampftechniken. Ich werde mal schauen, ob ich auf einer der kommenden Conventions den ollen SteamTinkerer zu einem KiDo-Duell herausfordern.

Liest sich in seiner Ausarbeitung und kämpferischen Tiefe glatt so als hätte Jürgen Franke einen Kampfsporthintergrund – wusste ich gar nicht. Da ist es glatt an der Zeit mal nachzufragen.

[Edit] Ich habe nachgefragt und Jürgen hat keinen Kampfsporthintergrund – es steckt also wirklich viel Fleiß in diesem Band! Noch mehr Respekt.

Und das ist noch nicht genug, nach dem präzisen Darstellen des Kampfes gibt es auch noch 18 einzelne Schulen mit Hintergründen, gelehrten Techniken und einer Unterteilung in rot, gelb und weiß. Beeindruckend. Das gibt auch einer Kampagne eine gewisse Tiefe, wenn mein Charakter sich gut auskennt und weiß, welche Schule seine Gegnerin besucht hat, wodurch er schon abschätzen kann, welche Techniken sie wohl einsetzten wird. Echt stark.

Der letzte Bereich befasst sich mit Neuen Fähigkeiten. Hier gibt es nochmal 37 Seiten mit Fertigkeiten, die alle Bewohner*innen Midgards erlernen können. Hier findet ihr alles von Homer Simpsons Bodyguard-Betäubungsgriff über den Kampf mit der Kettensichel bis zum Abfeuern eines Skorpions. Ha! Hier gibt es doch eine knappe Seite mit neuen Waffen! Ha! Da habe ich doch noch das, was ich ursprünglich erwartet hatte.

Stark ist dann auch nochmal der Abschnitt, der sich damit befasst, sich selber und andere im Kampf mit Hilfe von Versen zu unterstützen oder die Gegner negativ zu beeinflussen. Einmal einen ordentlichen „Vers der Triebhaftigkeit“ auf die Feinde geschleudert und die werden schon sehen, wie sie so unkonzentriert mit mir kämpfen wollen. Dann gibt es Abschnitte mit (den oft und gerne geschmähten) Feuerwaffen, sowie einen Bereich für Blutswaffen.

In den Anhängen gibt es nun wirklich speziellen Kram. Der erste Anhang befasst sich mit einem Steckenpferd von mir, dem Kampf unter Wasser. Hier gibt es in aller Kürze Regeln und Hinweise auf Bewegung, Aktionen und die Sichtweite unter Wasser sowie Anpassungen von Zaubern sowie die ganz große Regel, dass die Gewandtheit aller Nicht-Wasserwesen halbiert wird. Das ist alles sehr bare bones und würde sicher komplett ausgearbeitet Material für einen kompletten eigenen Band bieten. Und was hier je halbe Seiten zu Schlachtenreihen, Ballisten und Katapulten finden, erschließt sich mir nicht so ganz; vielleicht waren es einfach Regelfragmente, die im Kopf des Autoren herumspukten und einfach rausmussten.

Fazit

Wow. In der letzten Phase der Franke-Ägide entstehen nochmal richtig starke Produkte. Freut mich enorm und wenn ich nur dazu beitragen kann, dass sich durch meine Besprechung noch 2-3 mehr verkaufen, will ich schon zufrieden sein.

Besonders gut gefällt mir hier, dass diese Kampfkunst-Regeln zwar midgardspezifisch sind, aber auch so spezifisch und abgehoben vom restlichen System sind, dass sie sich recht einfach auf andere Rollenspiele aufpfropfen lassen dürften. Ich habe gerade Lust in einem Old-School-System zu einer Art Bloodsport-Turnier aufzurufen und dazu die Midgard-Regeln zu verwenden.

Wie immer bei Jürgen Franke hat mathematisch hier alles Hand und Fuß – ist gleichzeitig auch immer einen Tacken sperrig, aber zum Einen lässt sich das wohl bei dem Versuch eines solch hohen Simulationsgrades nicht verhindern, zum Anderen muss ich ja irgendwelche Zehntel finden, die ich von meinen 5 Gesamtpunkten abziehen kann.

Bewertung

4,25 von 5 geheimen Kampfkünsten

P.S.: Okay, so kurz ist die Kurzrezension am Ende gar nicht geworden. Aber der Band ist einfach so prall gefüllt mit gutem Zeug.

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